Bei der Messung, wie viele Anschlusszüge in Bayern erreicht werden, drohen den Eisenbahnverkehrsunternehmen bislang keine Strafen – anders als bei minderer Servicequalität, bei Unpünktlichkeit und Zugausfällen.
Verlässlichere Anschlüsse durch bessere Daten
Das Messsystem Anschlusserreichung dient der BEG dazu, Schwachstellen zu identifizieren und gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen Lösungen zu entwickeln, zum Beispiel durch Anpassungen im Fahrplan oder durch verbesserte Kommunikationswege. Seit 2013 bündelt die BEG alle relevanten Zahlen zur Anschlusserreichung in Bayern in einer Datenbank. Alle Verkehrsunternehmen und DB Netz können darauf zugreifen. Davor war es den Unternehmen nicht möglich, Anschlussbeziehungen zu anderen Betreibern zu analysieren. Das Messsystem soll so zum Ausgangspunkt für Verbesserungsmaßnahmen werden und dient damit letztlich den Fahrgästen.
Entwicklung der gesamtbayerischen Anschlussquote (2012-2021)
Im Jahr 2021 wurden 95,6 Prozent aller im System erfassten Anschlüsse erreicht. Damit liegt die Anschlussquote für ganz Bayern leicht unter dem Wert des Vorjahres (96,2 Prozent). Allerdings war die Anschlussquote im Vorjahr auch deshalb besser, weil 2020 wegen der Coronapandemie zeitweise weniger Züge unterwegs waren und die Züge somit pünktlicher waren. Die kleineren und mittleren Bahnhöfe weisen in der Regel überdurchschnittliche Anschlussquoten auf. Dagegen liegen die Werte der großen Knotenbahnhöfe München, Nürnberg, Augsburg und Würzburg gewöhnlich eher unterhalb der gesamtbayerischen Quote.
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Anschlussquote an den großen Knotenbahnhöfen in Bayern (2020-2021)
An allen vier großen Knotenbahnhöfen ist die Anschlussquote 2021 gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die Quote für den Münchner Hauptbahnhof liegt auch weiterhin deutlich unter dem Niveau der anderen großen bayerischen Knotenbahnhöfe. Der Hauptgrund: Der Hauptbahnhof München ist ein hoch ausgelasteter Kopfbahnhof, dessen Gleise möglichst schnell für neu einfahrende Züge frei gemacht werden müssen. Deshalb sieht das Regelwerk von DB Netz hier nur wenig bis gar keine Wartezeittoleranz vor.
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Anschluss sichern: Ganz schön komplex
Die BEG verlangt von allen Eisenbahnverkehrsunternehmen, dass Anschlusszüge mindestens fünf Minuten auf verspätete Züge warten. Doch wer entscheidet letztendlich, ob ein Zug wartet oder nicht?
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Das übergeordnete Entscheidungsrecht liegt beim Infrastrukturbetreiber DB Netz. Denn nur DB Netz hat einen Überblick über das gesamte Streckennetz und kann beurteilen, welche Auswirkungen das Warten auf Anschlusszüge hat. Durch eine deutlich verspätete Abfahrt könnten beispielsweise Knotenbahnhöfe im weiteren Fahrtverlauf nicht rechtzeitig erreicht werden – und das hätte wiederum weitere Anschlussverluste zur Folge. Damit ein Anschluss sichergestellt werden kann, müssen viele verschiedene Stellen – Zugpersonal des verspäteten Zuges, Transportleitungen von möglicherweise unterschiedlichen Verkehrsunternehmen, Infrastrukturbetreiber DB Netz, Personal des Anschlusszuges – zusammenarbeiten (siehe Infografik).
Sobald feststeht, dass ein Zug nicht pünktlich an der nächsten Station ankommt, sollten Fahrgäste, die dort einen Anschlusszug erreichen müssen, dies dem Zugbegleiter mitteilen (1). Der Zugbegleiter informiert die Transportleitung seines Verkehrsunternehmens über die Verspätung und darüber, dass Fahrgäste einen Anschluss erreichen möchten (2). Die Transportleitung gibt diese Information an die Transportleitung des Anschlusszuges weiter (3), damit diese an den Infrastrukturbetreiber DB Netz einen Antrag zum Warten stellen kann. Der Antrag kann alternativ auch über das Eisenbahnverkehrsunternehmen des verspäteten Zuges gestellt werden (4). DB Netz prüft, ob und wie lange der Anschlusszug auf den verspäteten Zug warten kann, und informiert die Transportleitung des Antragstellers über die Entscheidung (kann warten / kann nicht warten) (5). Diese gibt die Entscheidung an die Transportleitung des anderen betroffenen Zuges weiter (6). Von der Transportleitung geht die Meldung an die Zugbegleiter (7), die dann die Fahrgäste über den Anschluss informieren (8) – gegebenenfalls mit der Bitte um rasches Umsteigen.
Tritt die Verspätung allerdings erst kurz vor dem Knotenbahnhof auf oder wird der Anschlusswunsch dem Zugpersonal erst spät gemeldet, kann es durchaus vorkommen, dass die Zeit zu knapp wird, um den Anschluss tatsächlich zu sichern.