Die Fürspre­cherin der Fahrgäste

Angela Nusser im Büro

Ein attraktives, zuverlässiges Regionalverkehrsangebot für ganz Bayern bereitstellen – so lautet das Kernziel der Bayerischen Eisenbahngesellschaft. Damit zählen Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung zu den Hauptaufgaben der BEG. Welche Herausforderungen sind damit verbunden und welche Lösungen entwickelt und findet die BEG? Angela Nusser verrät uns mehr über Qualitätsvorgaben, Messsysteme, Qualitätsanalysen und was daraus resultiert.

„Die Bedürfnisse der Fahrgäste müssen im Mittelpunkt stehen.“ Wenn Angela Nusser über ihre Aufgaben spricht, fällt ein Stichwort so häufig wie kein anderes: das Wohl der Fahrgäste. Bei der BEG ist sie verantwortlich für das Qualitätsmanagement Regionalzüge im Bereich Mitte/Nordost – dazu zählen Oberfranken und die Oberpfalz sowie Teile von Ober- und Niederbayern.

Ihr Arbeitsalltag hat nahezu detektivische Züge. Kommt es im laufenden Betrieb auf der Strecke zu Qualitätseinbußen, macht sie sich gleichsam als weiblicher Sherlock Holmes auf die Spurensuche. Warum ist ein Zug ausgerechnet zwischen zwei Haltepunkten öfter verspätet? Wo liegt das Problem, wenn Anschlusszüge häufiger nicht erreicht werden? Warum häufen sich auf einer ganz bestimmten Strecke die Beschwerden über unsaubere Züge oder gar unfreundliche Zugbegleiter?

>> Die Bedürfnisse der Fahrgäste müssen im Mittelpunkt stehen.

Angela Nusser

Analyse auf den Punkt

Arbeitsgrundlage sind zunächst vielfältige Vorgaben, die in den Ausschreibungen der BEG zum Betrieb einzelner Wettbewerbsnetze definiert werden. Das Verkehrsunternehmen, das den Zuschlag erhält, muss diese Vorgaben einhalten. Um das zu prüfen, hat die BEG ein umfangreiches Qualitätsmanagement aufgebaut. Dazu gehört beispielsweise ein von der BEG eigens entwickeltes Messsystem, das weitreichende Analysen ermöglicht. Und das nahezu in Echtzeit: Jeweils über Nacht werden die Daten vom Vortag eingespielt. Dabei handelt es sich um Messungen an rund 120 Stellen an bayerischen Knotenbahnhöfen, aufgrund deren sich feststellen lässt, wie pünktlich die Züge im bayerischen Regional- und S-Bahn-Verkehr sind und ob die vorgesehenen Anschlüsse erreicht werden. Oft lässt sich erst aufgrund solcher Analysen die konkrete Ursache eines Problems identifizieren. Beschweren sich beispielsweise Fahrgäste wiederholt über Verspätungen auf einer bestimmten Strecke, wird Angela Nusser aktiv.

„Ich schaue mir die Pünktlichkeitskurve des betroffenen Zuges genau an“, erklärt sie. „Ich werte die komplette Strecke einschließlich der Unterwegshalte aus und kann feststellen, ob und wo genau Verspätungen entstehen.“ Häufig steckt ein systematisches Problem dahinter, wie der folgende Fall zeigt. Zug I hatte regelmäßig Verspätung, weil er erst in den Bahnhof einfahren konnte, nachdem ein verspäteter Zug II diesen verlassen hatte. Die Lösung: In enger Abstimmung zwischen der Planungsabteilung der BEG und dem Verkehrsunternehmen wurde die Abfahrtszeit von Zug II um wenige Minuten vorverlegt, sodass ein größerer zeitlicher Puffer entstand. „Mit der marginalen Änderung dieser Fahrplanlage konnte das Problem sehr schnell gelöst werden, und die Situation für die Fahrgäste hat sich entscheidend verbessert“, freut sich Nusser über den Erfolg.

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Für die Verkehrsunternehmen lohnt es sich nicht, bei der Reinigung der Züge zu sparen. Erhalten die Betreiber für die Sauberkeit ihrer Züge schlechte Noten, fließen diese in die Qualitätsbewertungen ein. Landet ein Unternehmen bei den regelmäßigen BEG-Qualitätsrankings im Malusbereich, verhängt die BEG Strafzahlungen.

Umfangreiche Klaviatur für nachhaltige Qualitätsverbesserungen

Um die Qualität im bayerischen Regionalverkehr auf einem hohen Niveau zu halten und kontinuierlich zu verbessern, bedienen sich die BEG-Qualitätsmanager weiterer Instrumente. Dazu zählen beispielsweise Fahrgastbefragungen sowie offene und verdeckte Qualitätstests, mit denen Testkunden Qualitätskriterien wie Fahrgastinformation, Service und Komfort überprüfen. Und die Ergebnisse regelmäßig durchgeführter Marktforschungen fließen ebenso in die Qualitätsbemühungen der BEG ein wie Beschwerden von Fahrgästen. „Kundeneingaben werden von uns übrigens nicht einfach nur beantwortet, sondern wir gehen den Beschwerden konkret nach, versuchen das Problem genau zu identifizieren und in Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen bestmöglich Abhilfe zu schaffen“, sagt Nusser.

Und was passiert, wenn Vorgaben der BEG von den Verkehrsunternehmen nicht eingehalten werden? Werden die Mindestanforderungen nicht erfüllt, fordert die BEG Strafzahlungen, sogenannte Pönalen. Das gilt für die Pünktlichkeit genauso wie beispielsweise für Zugbegleiterquoten oder Regelzugbildungen, also das nachfragegerechte Bereitstellen von Fahrzeug- und Platzkapazitäten. Darüber hinaus gibt es auch Sanktionen bei Zugausfällen oder dann, wenn Zielwerte aus dem Qualitätsmesssystem unterschritten werden. Einen Großteil der erhobenen Strafzahlungen reinvestiert die BEG wiederum in qualitätsverbessernde Maßnahmen. Ein Kreislauf, von dem letzten Endes die Fahrgäste profitieren.

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Mit regelmäßigen Fahrgastbefragungen und Tests misst die BEG die Qualität im bayerischen Regional- und S-Bahn-Verkehr.

Viele Akteure, gemeinsame Lösungen

Die Kommunikation zwischen den einzelnen Verantwortlichen im bayerischen Regionalverkehr ist maßgeblich für die Qualität. Deshalb holt die BEG auch weitere Beteiligte mit ins Boot. Sie organisiert und moderiert Qualitätszirkel, Expertenrunden und Arbeitskreise. Diese Plattformen dienen dazu, gemeinsame Lösungen für übergreifende Qualitätsprobleme zu suchen und qualitätsverbessernde Projekte zu initiieren – vom „Arbeitskreis Schienenersatzverkehr und Baustellenplanung“ bis zum bundesweiten „Arbeitskreis Qualität“, den die BEG moderiert.

Ein Erfolg dieser Vernetzungsarbeit ist zum Beispiel der Rückschnitt von Bäumen an den Gleisstrecken. Diese Aufgabe von DB Netz konnte die BEG durch jahrelange, regelmäßige Intervention im Rahmen eines Arbeitskreises deutlich beschleunigen. „Sind Strecken ausreichend freigeschnitten, entfällt bei Sturmwarnung die Restriktion, dass Züge auf den betroffenen Strecken nur noch mit einer Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h fahren dürfen. Ein zügiger Rückschnitt kommt also allen Fahrgästen zugute, weil die Züge selbst bei Sturmwarnung wie geplant fahren können“, erklärt Nusser. „Auch wenn wir hier immer noch nicht ganz am Ziel sind, sind wir schon große Schritte vorangekommen.“

>> Wir sind schon große Schritte vorangekommen.

Angela Nusser

Kräfte bündeln – im Sinne der Fahrgäste

Für Angela Nusser ist klar: Nur mehr Qualität im Bahnland Bayern sorgt für mehr Fahrgäste. Sie wünscht sich deshalb von allen Beteiligten im bayerischen Regionalverkehr, dass sie ihre Kräfte noch besser bündeln als bisher und verstärkt im Sinne der Fahrgäste denken: „Natürlich gibt es im Bahnverkehr Grenzen des Machbaren, vor allem aufgrund der Gegebenheiten bei der Infrastruktur. Aber selbst wenn sich eine unbefriedigende Situation substanziell tatsächlich nicht verbessern lässt, müssen wir sie zumindest so erträglich wie möglich machen. Das sind wir alle gemeinsam den Fahrgästen schuldig.“

Und es wird einmal mehr deutlich, wie sehr sich Angela Nusser damit identifiziert, im Sinne der Fahrgäste das Beste aus „ihren“ Regionalzügen herauszuholen.

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