Die Taktgeber

Artikel aus dem Magazin zum 20jährigen Jubiläum der BEG (Stand: November 2016)

Nils Frase und Dr. Markus Lang am Bahngleis

Manchmal ist es zum Verzweifeln! Da knobelt man an einer neuen Direkt­ver­bindung von Regensburg zum Münchner Flughafen, ringt den stark ausgelasteten Trassen noch genügend Spielraum für einen Express­service im Stundentakt ab – und dann droht alles an ganzen acht Kilometern Gleisen zu scheitern. Willkommen in der Welt von Nils Frase und Dr. Markus Lang – zwei von 18 Mitarbeitern der BEG, die sich mit der Planung von Verkehrs­leis­tungen und den Anforde­rungen an die Infrastruktur befassen.

Der neue überre­gionale Flugha­fen­express (ÜFEX) soll ab Ende 2018 eine stündliche Direkt­ver­bindung von Regensburg über Landshut zum Münchner Flughafen bieten und dabei die neu gebaute Neufahrner Kurve nutzen. Aber auf den acht Kilometern zwischen Regensburg und Obertraubling ist auch der Fernverkehr zwischen Frankfurt und Wien unterwegs und es gibt vier parallele Regional­zug­ver­bin­dungen. Ganz zu schweigen vom Güterverkehr. Es hilft nichts: Auf diesen paar Kilometern Schiene gibt es einfach keine freien Kapazitäten mehr für eine weitere stündliche Verbindung.

 

Teamplay zwischen Fahrplan und Infrastruktur

Genau das ist die Krux, die SPNV-Planer Nils Frase und Infrastruk­tur­experte Dr. Markus Lang allzu gut kennen: Wo es wachsende Nachfrage für den Regional­verkehr gibt, also vor allem in Ballungs­zentren wie Regensburg, stößt die Schienen­in­fra­struktur oftmals an ihre Grenzen. Vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller Mittel lässt sich nur im Teamplay zwischen Fahrplan und Infrastruktur das optimale Angebot für die Fahrgäste aufstellen. Oft sitzen Nils Frase und Dr. Markus Lang deshalb zusammen und stimmen sich untereinander ab.

Wenn man den beiden bei solch einer Besprechung über die Schulter schaut, versteht man eines sofort: Da sind nicht nur Experten mit jeder Menge Detail­wissen und Erfahrung am Werk, sondern vor allem leiden­schaftliche Eisenbahner. Beide sind viel in Bayern unterwegs, kennen Bahnstrecken und Bahnhöfe ihrer Regionen in- und auswendig. Und beide treibt das Ziel an, mit planerischen Mitteln das bestmögliche Angebot für die Fahrgäste zu schaffen. „Da ich jeden Tag eine halbe Stunde mit der S-Bahn zur Arbeit pendle, weiß ich, worauf es für die Fahrgäste ankommt", ergänzt Dr. Markus Lang. Selbst beim letzten Famili­en­urlaub in der Toskana kam Lang ganz ohne Auto aus.

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Das Ergebnis der Planungs­arbeit ist hier abrufbar: www.bahnland-bayern.de/streckennetz. Auf dieser Karte sind die Strecken im ganzen Bahnland Bayern mit Taktzeiten und Knoten­bahnhöfen aufgeführt.

Taktgeber BEG

Nils Frase hat es als Planungs­experte maßgeblich in der Hand, ob der Zug in Bayern eine gute Alternative zum Auto ist. Er entscheidet mit seinen Kollegen darüber, welche Orte die Regionalzüge verbinden, an welchen Stationen sie Halt machen, zu welchen Uhrzeiten sie in welchem Takt fahren. All das bestimmen nicht die Eisenbahn­ver­kehrs­un­ter­nehmen, sondern die BEG. DB Regio, Agilis, BOB und Co. fahren nach dem Fahrplan, den ihnen die BEG vorgibt. Und nach diesem Fahrplan fährt am Ende auch Nils Frase fast täglich, denn er besitzt kein Auto – wie viele seiner Kollegen bei der BEG.

Um die Akzeptanz des Regional­verkehrs zu erhöhen, arbeiten die Planer seit Gründung der BEG an einem großen Ziel: ganz Bayern in einem sogenannten Integralen Taktfahrplan zu verknüpfen. Das bedeutet, dass möglichst jede Station mindestens einmal pro Stunde und möglichst immer zur gleichen Minute angefahren wird, Verbin­dungen an Knoten­bahnhöfen aufeinander abgestimmt sind und es möglichst viele kurze Umstei­ge­mög­lich­keiten gibt. Auf diesem Weg ist die BEG schon sehr weit fortge­schritten. Bereits über 90 Prozent aller Stationen werden montags bis freitags mindestens im Stundentakt bedient. „Bei den übrigen gut zehn Prozent liegt es in der Regel an der Infrastruktur, dass wir nicht mehr Züge bestellen können“, erklärt Nils Frase. „Und an so manchem Knoten­bahnhof mangelt es an Gleisen und Bahnsteigen, um den Integralen Taktfahrplan komplett umzusetzen.“

>> Bereits über 90 Prozent aller Stationen in Bayern werden mindestens im Stundentakt bedient.

Dr. Markus Lang

Die Krux mit der Infrastruktur

An dieser Stelle kommen Dr. Markus Lang und seine Kollegen aus dem Bereich Infrastruktur ins Spiel. Um Missver­ständnisse zu vermeiden, hebt Lang gleich zu Beginn des Gesprächs warnend den Finger: „Für die Schienen­in­fra­struktur ist nicht die BEG zuständig, sondern der Bund – in Form der Deutsche- Bahn-Töchter DB Netz und DB Station&Service. Es ist ihre Aufgabe, Schienen und Bahnhöfe zu warten und auszubauen. Dafür erhalten sie Geld vom Bund.“ Aber was macht dann eine eigene Abteilung Infrastruktur bei der BEG? „Wir definieren die Anforde­rungen des Schienen­per­so­nen­nah­verkehrs an die Infrastruktur und versuchen diese Anforde­rungen bei den Infrastruk­tur­pla­nungen der DB so weit wie möglich durchzu­setzen – natürlich in aller Partner­schaft.“

Konkret prüft Dr. Markus Lang die Muster­fahrpläne, die Nils Frase für eine bestimmte Strecke erarbeitet hat. Ein solcher Muster­fahrplan entspricht dem idealen Fahrplan­angebot aus Sicht der BEG-Planer: Mit welchem Fahrgast­auf­kommen ist angesichts der Bevölkerungs- und Wirtschafts­ent­wicklung entlang der Strecke künftig zu rechnen? Welcher Takt sollte deshalb gefahren werden, mit welcher Fahrzeug­ka­pazität? Wie vernetzt sich das Angebot am besten mit anderen Strecken? Diesen Muster­fahrplan misst Dr. Markus Lang dann an der Realität der vorhandenen Infrastruktur.

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Nach dem Grundgesetz ist der Bund für die Infrastruktur des Regional­verkehrs zuständig. Doch Verkehrs­planung und Infrastruktur sind eng miteinander verwoben. Deshalb hat die BEG eine eigene Infrastruk­tur­ab­teilung, die die Anforde­rungen des SPNV an die Infrastruktur definiert.

Lange Wunschliste, klarer Plan

In regelmäßigen Jours fixes mit der Deutschen Bahn stellt Dr. Markus Lang diesen Forderungs­katalog der BEG vor und diskutiert die Situation: Welche Trassen stehen auf einer Strecke noch zur Verfügung? Welche Möglich­keiten gibt es, Engpässe zu beheben oder zu umgehen? Welche Infrastruk­tur­ver­bes­se­rungen haben aus Sicht der BEG Priorität? Die Deutsche Bahn berück­sichtigt diese Anforde­rungen des SPNV so weit wie möglich bei entspre­chenden Baumaß­nahmen. „Da es aber nur begrenzte Bundes­mittel für die Schienen­in­fra­struktur gibt, sind natürlich nicht alle unsere Wünsche umsetzbar“, sagt Dr. Markus Lang. „Umso wichtiger ist es, dass wir einen klaren, langfristig angelegten Plan für die Weiter­ent­wicklung der Infrastruktur haben und Prioritäten setzen.“

>> Es ist wichtig, dass wir einen klaren, langfristig angelegten Plan für die Weiter­ent­wicklung der Infrastruktur haben und Prioritäten setzen.

Dr. Markus Lang

Der ÜFEX fährt – nur etwas anders

Und wie schaut es nun mit dem ÜFEX von Regensburg zum Münchner Flughafen aus? Auch da haben die BEG-Experten mit viel Knobeln noch eine Lösung gefunden. Der ÜFEX wird ab Ende 2018 fahren – allerdings nicht, wie vorgesehen, komplett als Express­service, der nur in den großen Städten hält. Stattdessen übernimmt der ÜFEX von Regensburg bis Eggmühl die Funktion der bisherigen Regionalbahn und fährt alle Zwischen­sta­tionen an. Das verlängert die Fahrtzeit zwar um wenige Minuten – aber so ist immerhin der einstündige Takt machbar.

Außerdem gibt es eine weitere gute Nachricht: In Absprache mit der DB konnte die BEG erreichen, dass zwischen Regensburg und Obertraubling die Planungen für ein drittes Gleis aufgenommen werden, damit der ÜFEX eines Tages wirklich als reiner Express­service fahren kann. Üblicherweise dauern solche Baumaß­nahmen von der ersten Idee bis zur Umsetzung zwar mindestens sechs Jahre. „Aber das sind wir gewohnt“, meint Dr. Markus Lang. „Ich bin jetzt gut acht Jahre bei der BEG und erlebe gerade zum ersten Mal, dass ein Infrastruk­tur­projekt abgeschlossen wird, das ich ursprünglich angestoßen habe. Planfest­stel­lungs­ver­fahren brauchen einfach ihre Zeit. Aber die Hauptsache ist, dass es vorangeht.“

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