Der Wettbewerbsgestalter

Christian Bauer Im Gespräch

1,3 Milliarden Euro an Steuermitteln erhielt die BEG 2021 vom Freistaat, um den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern zu finanzieren. Christian Bauer ist einer von elf Mitarbeitern in der Abteilung Wettbewerb, Verkehrsverträge und Vergaberecht, die darüber entscheiden, wohin diese Gelder fließen. Bereits nach wenigen Minuten Gespräch wird klar: Mit Schwimmen im Geld à la Dagobert Duck hat die Arbeit von Christian Bauer nichts zu tun. Eher gleicht sie der beharrlichen Tüftelei von Daniel Düsentrieb.

„Für Fahrgäste und Steuerzahler das Beste herausholen.“ Christian Bauer braucht nicht lange nachzudenken, um die Frage zu beantworten, was der tiefere Sinn seiner Arbeit ist. Und das, obwohl es im Gespräch mit ihm nur so wimmelt von vergaberechtlichen Spitzfindigkeiten und Formeln zur Berechnung von Qualitätsunterschieden. Aber hinter all dem Expertenwissen verbirgt sich eine klare Mission: „Wir wollen für Fahrgäste und Steuerzahler das Beste aus den Finanzmitteln für den Regional- und S-Bahn-Verkehr herausholen.“

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1,3 Milliarden Euro an Steuermitteln erhielt die BEG 2021 vom Freistaat, um den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern zu finanzieren.

Wettbewerb statt Monopol

Das zentrale Instrument der BEG, um dieses Ziel zu erreichen, sind Vergabeverfahren im Wettbewerb. Das heißt, Eisenbahnverkehrsunternehmen wie die Deutsche Bahn oder die Bayerische Oberlandbahn erhalten den Zuschlag zum Betrieb einer bestimmten Strecke nur dann, wenn sie unter allen Konkurrenten das wirtschaftlichste Angebot abgeben. Durch diese Vergaben im Wettbewerb erhält der Freistaat deutlich mehr Leistung für sein Geld. Der Grund: Die Eisenbahnverkehrsunternehmen bieten ihre Leistungen im Wettbewerb deutlich günstiger an als noch zu Zeiten des staatlichen Monopols vor 1996. Sie arbeiten effizienter, kalkulieren knapper, behalten die Kosten stärker im Blick, investieren mehr in Service und weniger in Verwaltungsstrukturen.

„Diese Effizienzgewinne können wir in deutlich mehr Leistung und Qualität auf der Schiene investieren“, erklärt ein sichtlich stolzer Christian Bauer. „Seit der Bahnreform konnten wir die Verkehrsleistung um knapp die Hälfte steigern – und das, obwohl für den eigentlichen Eisenbahnbetrieb seit heute real nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen als 1996.“ Diese Begeisterung passt zu Christian Bauer, der sich selbst als passionierten Eisenbahner bezeichnet. Er ist praktisch ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und legt pro Jahr bis zu 40.000 Kilometer in Zügen zurück. So gehen ihm auch nie die Motive aus, denn Christian Bauer ist in seiner Freizeit ein begeisterter Eisenbahnfotograf. Im Gespräch wird schnell klar: Die Entwicklung des Bahnverkehrs ist für ihn ein Herzensanliegen. Und so war es aus seiner Sicht ein Glücksfall, dass er vor gut sieben Jahren zur BEG kam. „Jetzt sitze ich mitten in der Schaltzentrale des Schienenpersonennahverkehrs in Bayern. Es ist schon ein gutes Gefühl, daran mitzuarbeiten, dass es aufwärtsgeht im Bahnland Bayern.“

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78 Vergabeverfahren hat die BEG zwischen 1996 und 2021 federführend abgeschlossen.

Vergaben nach Punktzahl

Die Arbeit in dieser Schaltzentrale ist in Bezug auf die Vergabeverfahren äußerst komplex. Im Schnitt rund 140 Seiten umfassen die Vergabeunterlagen. „Und das ist keine blütenreiche Prosa, sondern dahinter verbergen sich detaillierte Zahlen und Fakten zu den Mindestvorgaben: zum Fahrplan und zum Betriebskonzept, zu den Fahrzeugen und Kapazitäten, zum Service im Zug.“

„Das Verkehrsangebot, das unsere Kollegen von der Planung gerne realisiert sehen wollen, prüfen wir auf Finanzierbarkeit und gießen es anschließend in wasserdichte Ausschreibungsunterlagen – mit nachvollziehbaren, objektiven Bewertungskriterien.“

Wenn ein Unternehmen im Vergabeverfahren höhere Standards anbietet als gefordert, fließt das in die Bewertung des Angebots ein – nach einem transparenten Punktesystem. Am Ende gewinnt nicht das billigste Angebot, sondern das wirtschaftlichste – das beste Angebot in Bezug auf Preis und Qualität. „Das ist alles andere als eine subjektive Entscheidung. Wir benoten die Angebote der Unternehmen Punkt für Punkt, mit Hilfe unseres vorab veröffentlichten Bewertungssystems. Am Ende gewinnt das Unternehmen mit der höchsten Punktzahl. Da geht es ausschließlich um harte Fakten, nicht um persönliche Vorlieben.“

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Das Vergaberecht bildet den gesetzlichen Rahmen für die Ausschreibungen der BEG. Bereits kleinste Abweichungen in den Vergabeunterlagen können ein Verfahren anfechtbar machen. Hohe Akribie ist deshalb gefordert. Welches Unternehmen sich im Vergabeverfahren durchsetzt und am Ende eine Strecke betreiben darf, ermittelt die BEG mit Hilfe eines transparenten Punktesystems.

Geld fließt nur für erbrachte Leistung

Ist der Vergabeprozess abgeschlossen, hört die Arbeit für Christian Bauer und seine Kollegen nicht auf. Jetzt geht es darum, den Verkehrsdurchführungsvertrag über die ganze Laufzeit hinweg zu betreuen. Dazu zählt die Abrechnung der Verkehrsleistung – und zwar der tatsächlich erbrachten, nicht der theoretisch vereinbarten. Deswegen befindet sich Christian Bauer in ständiger Abstimmung mit den Kollegen der Abteilung Qualitätsmanagement. Sie liefern die Daten über ausgefallene Zugverbindungen und das erreichte Service- und Pünktlichkeitsniveau. Je nach Ergebnis mindern oder erhöhen sich die Zahlungen der BEG an die Eisenbahnverkehrsunternehmen.

>> Seit der Bahnreform konnten wir die Verkehrsleistung um über die Hälfte steigern – und das, obwohl die staatlichen Mittel für die Finanzierung des eigentlichen Eisenbahnbetriebs seither stagnierten.

Christian Bauer

Langer Planungshorizont

Komplizierter wird es, wenn die Verkehrsleistungen in einem laufenden Vertrag angepasst werden sollen – mit entsprechenden Nachverhandlungen über die Vergütung. „Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Schließlich haben wir es mit einem ungewöhnlich langen Zeithorizont zu tun.“ In der Tat: Zwischen den ersten Vorbereitungen für die Ausschreibung und dem letzten Tag des Verkehrsdurchführungsvertrags liegen meist an die 20 Jahre.

Bis zu zwei Jahre benötigt die BEG für die Vorbereitung und die Entscheidung des Vergabeverfahrens. Rund ein halbes Jahr davon ist für die teilnehmenden Unternehmen eingeplant, um die Angebote zu erstellen. Danach benötigt der Gewinner der Ausschreibung bis zu vier Jahre, um den Betrieb vorzubereiten. Nach der Inbetriebnahme bedient das Unternehmen die Strecke im Auftrag der BEG in der Regel für zwölf Jahre.

>> Wir wollen für Fahrgäste und Steuerzahler das Beste aus den Finanzmitteln für den Regional- und S-Bahn-Verkehr herausholen.

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Planungssicherheit und Risikobegrenzung: ein Balanceakt

„In diesem langen Zeitraum gibt es in der Regel immer Gründe, die Änderungen nötig machen, zum Beispiel, wenn dank steigender Fahrgastzahlen zusätzliche Verbindungen nötig werden. Auch die Verkehrsunternehmen können Gründe vorbringen, weshalb ihre ursprüngliche Kalkulation nicht hinhaut – sofern diese Gründe außerhalb ihres eigenen Verantwortungsbereichs liegen. Da müssen wir die Interessen von Steuerzahlern und Unternehmen in Einklang bringen: Einerseits wollen wir Kostensteigerungen so weit wie möglich vermeiden. Andererseits müssen wir die Unternehmen vor unkalkulierbaren Kostenrisiken schützen – ansonsten würde sich niemand an unseren Ausschreibungen beteiligen.“

Die Lösung: In den Verträgen der BEG sind Dynamisierungen für bestimmte Kosten vorgesehen – zum Beispiel, für Energie- und Personalkosten. Darüber hinaus können Infrastrukturkosten direkt an die BEG durchgereicht werden. „Da müssen wir den Unternehmen ein Stück weit entgegenkommen und ihnen teilweise auch Risiken abnehmen. Denn natürlich können sie zum Zeitpunkt ihrer Kostenkalkulation nicht wissen, wie stark die DB Netz zukünftig die Gebühren für die Nutzung der Gleise erhöht, auf welche Lohnsteigerungen sich die Tarifparteien einigen und wie sich die Energiekosten entwickeln. Ohne solche flexiblen Anteile in unserem Bestellerentgelt würden die Unternehmen zu Recht das Risiko scheuen, sich über einen so langen Zeitraum auf einen Preis festzulegen.“

Noch hat Christian Bauer viele Jahre vor sich, bis er einen kompletten Vergabezyklus mitgestaltet hat – von der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen bis zum letzten Tag des Verkehrsdurchführungsvertrags. Auf welches Ereignis freut er sich schon jetzt? "Wenn ich zum ersten Mal in einem Zug sitze, der deshalb fährt, weil ich einige Jahre davor das Vergabeverfahren geleitet habe. Und das zu so günstigen Konditionen, dass wir künftig noch ein bisschen mehr investieren können. Da schwingt dann bestimmt etwas Stolz mit."

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